Interview „Luftfilter für Klassenräume“

Sehr geehrter Herr Dobslaw, der Kreistag wird sich in seiner Sitzung am 20.7. mit der Installation von Filteranlagen in den Klassenzimmern der kreiseigenen Schulen befassen. Warum ist es so wichtig, die Klassenräume mit den Filtern auszustatten?

Bereits im Januar dieses Jahres hatte ich das Thema ja schon einmal in den Kreistag eingebracht. Damals war die Haltung in der Bewertung der Fachgremien und des Landes eine eher ablehnende Ansicht.
Man stützte sich damals auf eine Stellungnahme des Bundesumweltamtes, die aktuell vom Bundesumweltamt selbst deutlich korrigiert wurde.
Mit den Erkenntnissen von heute wissen wir, dass uns das Corona-Virus noch lange beschäftigen wird. Vielleicht wird es zukünftig sogar ständiger Teil unseres Lebens, wie zum Beispiel auch die Influenza. Weiter wissen wir, dass insbesondere die Schulschließungen und damit die Abkehr vom Präsenzunterricht zum Teil erhebliche negative Auswirkungen bei den Schülerinnen und Schülern hinterlassen hat. Und auch die überwiegend negativen Auswirkungen für Eltern und Lehrer dürfen hierbei nicht in Vergessenheit geraten!
Wir müssen uns daher als Politik heute der Verantwortung stellen und alle Maßnahmen ergreifen, die eine Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichtes gewährleisten oder zumindest unterstützen können.
Geld darf hier nicht das entscheidende Kriterium sein!
Diese Verantwortung müssen wir vor aber allem für die Kinder ausüben, die unter 12 Jahre alt sind, weil für diese eben kein Impfstoff zur Verfügung steht.
Klar ist aber auch, dass wir natürlich das Lüften nicht durch die Filter ersetzen wollen. Aber die Filter sind aktuellen Studien zufolge ein wertvoller Beitrag zur Reinerhaltung der Luft in den Klassenräumen und daher geeignet, die Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichtes zumindest zu unterstützen.
Selbst der Niedersächsische Kultusminister Tonne wird ja am Dienstag dieser Woche in den Medien mit der Aussage zitiert, dass das Land aus gutem Grund nun 80% der Kosten für den Einbau entsprechender Anlage in die Klassenräume erstatten will. Ich denke er stützt sich dabei auf fachlich begründete Argumente in seinem Haus.
Diese Zusage des Ministers ist im Übrigen wichtig, denn die Kosten belaufen sich nach Experteneinschätzung auf durchschnittlich 3500 Euro pro Klassenraum und ich sehe das Land hier durchaus auch in der Pflicht.
Fest steht, eine vierte Welle darf nicht wieder zu flächendeckenden Ausfällen des Präsenzunterrichtes führen. Jedenfalls nicht, weil wir nicht alles versucht haben, um diese Szenario zu verhindern!

Erwarten Sie eine knappe Entscheidung oder einen breiten Konsens im Kreistag in dieser Sache?

Wir in der UWG gehen derzeit davon aus, dass unser Antrag bei der Abstimmung im Kreistag am 20.Juli eine breite Mehrheit bekommt. Wir haben bereits viel Zuspruch zu dieser Initiative erfahren und ich hoffe, dass wir die Entscheidung jenseits von Wahlkampfgetöse und Populismus gemeinsam mit den anderen Fraktionen treffen werden.
Das ist insofern wichtig, als dass sich der eine oder andere ja bisher gescheut hat, diese Forderung gegen die eigene Landesregierung zu erheben. Diese Befürchtung ist nun mit den Aussagen von Ministerpräsident Weil und Kultusminister Tonne vom Tisch. Jetzt gilt es, solidarisch im Sinne von Kindern, Eltern und Lehrern auf breiter Basis alle Entscheidungen zu treffen, die geeignet sind, die derzeitige Situation zumindest etwas zu entschärfen. Die Filtergeräte sind so eine Option.
Wer sich im Kreistag angesichts der bekannten Entwicklungen noch gegen diese Ausbaumaßnahme stellt, ist entweder beratungsresistent oder populistisch unterwegs. Ich hätte dafür kein Verständnis.
Man muss doch zur Kenntnis nehmen, dass die Landesregierung sich klar für die Filter ausgesprochen hat. Der Bund stellt aktuell gerade 200 Millionen Euro dafür zur Verfügung. Das Bundesumweltamt hat seine Aussagen korrigiert und auch die Ergebnisse von Studien bestätigen die Notwendigkeit. Und letztlich haben auch einige Lehrervertretung ihre bisher ablehnenden Meinungen bereits geändert.
Wer will gegen diese Fachmeinungen auf breiter Front argumentieren?
Und schließlich gebe ich dazu auch zu bedenken, dass diese Filtergeräte in der Regel auch geeignet sind, Pollen, Feinstaub oder andere Viren herauszufiltern. Das jetzt investierte Geld ist also nicht verschenkt, sondern hat auf alle Fälle einen positiven Nutzen.

Ist dieser Vorstoß eine Uelzener Sache – oder gibt es Unterstützung und Zuspruch auch auf anderen Ebenen, etwa seitens der Landesregierung?

Auf die neue Einschätzung der Landeregierung bin ich ja schon eingegangen. Daher schauen wir uns doch einmal im Nahbereich um. Die Landkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg haben diesen Schritt bereits beschlossen. Da hängen wir schon hinterher. Und auch in vielen anderen Landkreisen im Bundesgebiet gibt es bereits gleichlautende Entscheidungen.
Das heißt, wenn wir zeitnah beschaffen wollen, müssen wir jetzt starten.
Eine Unterstützung sehe ich vor allem durch die Kehrtwende des Bundesumweltamtes und auch die von der Bundesregierung jetzt zur Verfügung gestellten 200 Millionen Euro sind ein deutliches Zeichen. Die Landesregierung hat ebenfalls ein neues Förderprogramm aufgelegt. Auch das spricht für sich.
Am Meisten beeindrucken mich aber die Kommentierungen einiger Lehrer-Vertretungen, die sich mit klaren Argumenten gegen die erste Aussage des Bundesumweltamtes positioniert hatten und nun augenscheinlich einen völligen Stimmungswechsel in ihren Kreisen ausgelöst haben.
Und natürlich erhalten wir auch hier vor Ort eine Menge Zuspruch sowohl von Betroffenen als auch von örtlichen Experten.
Das alles stimmt mich zuversichtlich in meiner Einschätzung, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Wir dürfen nicht zulassen, dass die Gesundheit und auch Bildung unserer Kinder weiter gefährdet wird, weil wir uns nicht trauen, Geld auszugeben!
Und wir dürfen nicht zulassen, dass die Wirtschaft mehr Schaden erleidet, als sie ohnehin schon erlitten hat, weil Politik keinen Mut hat.
Ich selbst nehme später jede Kritik für die Euro’s hin, die wir im guten Glauben und mit guter Hoffnung falsch investiert haben, um zu helfen. Ich möchte aber keine Kritik annehmen müssen, weil ich nicht den Mut hatte, eine notwendige und vielleicht auch riskante Entscheidung zu treffen.
Corona ist neu, niemand hat wirklich Erfahrung damit und daher geht es nur voran, wenn wir in der Politik auch bereit sind, Risiken zu verantworten!
Wir als Politiker sind aktuell mehr gefragt denn je!